Aus den Anfängen der Luftpost: Schweizer Post auf Fluglinien im Ausland
4. Königsberg-Moskau; Königsberg Riga
Das Entstehen vieler kleiner, oft sich konkurrierender Fluggesellschaften war typisch für das Deutschland der Jahre 1919/20. Hinter ihnen standen Kapitalgesellschaften wie der Norddeutsche Lloyd, die HAPAG (Hamburg-Amerika-Linie), die AEG, die JunkersFlugzeugwerke und die ZeppelinWerke. Allein in Danzig entstanden die Danziger Luftreederei, der Danziger Lloyd und die Danziger Luftpost. Eine erste, wenn auch nur temporäre Verbindung von Königsberg und Danzig nach Berlin wurde während des Eisenbahnerstreiks im November 1919 durch die «Albatros» (ab 1920 «LlOyd Ostflug») geschaffen, wobei die Post zuschlagsfrei befördert wurde. Der regelmässige Verkehr wurde am 27.12.1920 durch die Lloyd Ost flug und die Deutsche Luftreederei eröffnet und über den ganzen Winter aufrechterhalten. Zahlreich sind die Linien, die ab Danzig und Königsberg ostwärts in den folgenden Jahren in Betrieb kamen:


(Die vorstehenden Angaben basieren auf Veröffentlichungen der Deutschen Reichspost).
Uns interessiert nun die Benutzung dieser Linien durch die Schweizer PTT. Wie schon früher erwähnt, hat sich die PTT stets bemüht, die Beförderung von LuftPostsendungen auf ausländischen Linien dem Publikum in der Schweiz und in Liechtenstein zu ermöglichen. Dass der Publikation im Amtsblatt Verhandlungen mit der ausländischen Postverwaltung über die Modalitäten der Beitragszahlungen vorausgegangen sein müssen, ist selbstverständlich. Den ersten Hinweis für die Benutzung der genannten Fluglinien finden wir in einem Amtsblatt vom Juni 1922. Da heisst es im Zusammenhang mit der Aufnahme des Luftpost-Paketdienstes auf der Linie Genf-Zürich-Nürnberg:
«Ferner übernimmt die Flugpost Genf-ZürichNürnberg (-Berlin) vom L Juli 1922 an die Beförderung gewöhnlicher und eingeschriebener Briefsendungen nach Sowjet-Russland durch Vermittlung der Luftpost Königsberg-Moskau. Letztere verkehrt im A nschluss an den 18.58 Uhr von Berlin abgehenden D-Zug, ab Königsberg jeden Mittwoch und Samstag 9.30 Uhr mit Ankunft in Moskau g/eichen Tags 19.15 Uhr. Ausser den gewöhnlichen Briefposttaxen wird für Flugpostsendungen nach Sowjet-Russland ein Flugzuschlag von 25 Rp für je 20 g erhoben. Eine Haftung für eingeschriebene Sendungen besteht nicht. Im weiteren vermittelt die Flugpost GenfZürich-Nürnberg /-Berlin) vom gleichen Zeitpunkt an auch Briefposten nach Litauen und Lettland im A nschluss an die Flugpost KönigsbergMemel-Riga (3mal wöchentlich; ab Berlin mit DZug 18.58 Uhr nach Königsberg und von da weiter mit Flugzeug 9.30 Uhr, an Riga 13.15 Uhr gleichen Tags.) Der Flugzuschlag beträgt wie für Flugpostsendungen nach Sowjet-Russland 25 Rp für je 20g.»
Nach Einstellung der Fluglinie GenfZürich-Nürnberg am 15. September erfolgte ein weiterer Hinweis im PTTAmtsblatt vom 19. September 1922:
«Die bisher durch die Flugpost Genf-Nürnberg vermittelten und zur Weilerleitung mit den von Königsberg ausgehenden Flugposten bestimmten Briefschaften nach Sowjet-Russland, Litauen und Lettland können auch fernerhin zur Beförderung angenommen werden, ebenso, infolge der kürzlichen Ausdehnung der Luftlinie Königsberg-Riga bis Reval, solche nach Estland. Der Flugzuschlag beträgt nach allen diesen Bestimmungen 25 Rpfür je 20 g Gewicht. Solche Briefschaften sind ausschliesslich nach Basel2 zu leiten, das nach Bedarf Briefkartenschlüsse nach Königsberg abfertigen wird. Gegenwärtig verkehren die Flugzeuge ab Königsberg wie folgt: 1. nach Moskau je Dienstag und Freitag 9.30 Uhr 2. nach Riga und Reval (Tallin) je Montag, Mittwoch und Freitag 11.00 Uhr 3. nach Kowno und Riga täglich ohne Sonntag 14.25 Uhr. Der Versand der Briefkartenschlüsse von Basel 2 nach Königsberg findet je zwei Tage vorher mit Zug 281, ab Basel SBB 23.10 Uhr, statt.»
Im Oktober 1922 gibt die PTT die Einstellung des regelmässigen Luftverkehrs in Deutschland auf den 1. Oktober bekannt, mit Ausnahme der Linie Königsberg-Moskau, die erst am 1. November eingestellt wird. Im Geschäftsbericht der PTT von 1923 ist die Zahl der im Jahre 1922 beförderten Luftpostbriefsendungen wie folgt angegeben: Königsberg-Moskau: 542 Briefsendungen Königsberg-Riga: (!) Im Text unter «Flugposten» heisst es dazu: «Vom 1. Juni bis 31. Oktober 1923 konnte die deutsche Flugpost Königsberg-Riga erstmals zur Beförderung schweizerischer Briefposten nach Lettland benützt werden.» Dies steht eindeutig im Widerspruch zu der Veröffentlichung im Amtsblatt vom Juni 1922, nach der diese Fluglinie bereits ab 1. Juli 1922 benützt werden konnte! Eine Erklärung für diesen Widerspruch habe ich nicht. Wir müssen aber annehmen, dass die Angaben über die beförderten Briefsendungen richtig sind, also keine Schweizer Luftpost nach Riga vom Jahre 1922 existiert! Von den 542 Schweizer Luftpostbriefen nach Moskau kann ich leider kein Beispiel zeigen. Diese waren wohl vor allem geschäftlicher Art und sind uns somit nicht erhalten geblieben (oder sind sie in russischen Sammlungen??).
Fortsetzung folgt