Frankaturen, ihre Bedeutung und Bezeichnung in der Philatelie (XII)

O. Nicht als Frankatur verwendete Postwertzeichen
Postwertzeichen wurden zum Zwecke der Freimachung (Frankierung) von Postsendungen eingeführt und werden in allen Ländern heute noch dazu verwendet. Falsch wäre es aber anzunehmen, dass jedes Postwertzeichen grundsätzlich nur für Frankaturzwecke gebraucht wird und wurde. Es gibt einige Fälle, wo das nicht zutrifft.

1. Postwertzeichen zu zwecken verwendet
Bei der Post selbst wurden Briefmarken zu Verrechnungszwecken verwendet. So konnten z.B. Postsparkarten mit Postwertzeichen beklebt werden. Sie wurden dann abgerechnet und auf der Sparkarte entwertet. Der angesammelte (in Postwertzeichen geklebte) Betrag wurde dann im Postsparbuch gutgeschrieben. Bei kleineren Differenzbeträgen in Kassen (der Post) konnte der Verantwortliche den Fehlbetrag in Postwertzeichen erbringen, die auf dem Abrechnungsbericht aufgeklebt und von der zuständigen Abrechnungsstelle innerdienstlich entwertet wurden. In beiden Fällen kann man mit Fug und Recht nicht von Frankaturen sprechen. Die Beispiele Hessen sich, auf alle Länder und Epochen bezogen, beliebig fortsetzen.

2. Postwertzeichen, verwendet für Gebühren, die keine Postgebühren sind
Die Post erhebt auch Gebühren, die keine Frankaturen sind und dennoch mit Postwertzeichen erbracht werden.
Laut Postgebührenordnungen mehrerer Länder ist für die Zweitschrift eines Posteinlieferungsscheins bzw. für die Erstellung eines Einlieferungsscheins, wo ein solcher an sich nicht vorgesehen ist, eine festgesetzte Gebühr zu entrichten. Auf dem Einlieferungsschein sind in Höhe der Gebühr Postwertzeichen aufzukleben, die bei der Bestätigung des Scheins entwertet werden. Keine Frankatur. Die (österreichische) Post hat Nachsendeanträge in Form von Postkartenformularen in Verwendung. So sind z. B. für einen Antrag über drei Monate Laufzeit Gebühren in Höhe von 8.00 Schillingen zu entrichten. Auf den Kartenformularen war zeitweise ein Postwertzeichen der jeweils gültigen Dauerserie mit diesem Nennwert eingedruckt (Ganzsache). Diese 8.00 Schillinge hatten nichts mit einem Porto zu tun, sie waren allein Bearbeitungsgebühr des Antrags für drei Monate. Wollte man den Antrag auf 6, 9 oder 12 Monate verlängert wissen, so musste man auf dem Kartenformular für je drei Monate Postwertzeichen in Höhe von 8.00 Schillingen nachkleben. Also kein Porto. Hat man die Karte auf dem Postweg übersandt, musste sie noch zusätzlich frankiert werden.
Um den Postverkehr zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen (also nach Ablauf der üblichen Schalterzeit) aufrecht zu erhalten, werden bei grösseren Ämtern zu dieser Zeit Schalterdienste eingerichtet. Alle Sendungen, die an diesen Schaltern abgegeben werden müssen (Einschreiben, Wertsendungen etc.), werden zusätzlich zum Porto mit einer Gebühr - der sogenannten Spätlingsgebühr - belegt. Die Gebühr ist oder war in einigen Ländern durch Postwertzeichen zu erbringen. Bei der Einziehung der Gebühr gab und gibt es unterschiedliche (landesbezogene) Änderungen. Als bei der bundesdeutschen Post die Spätlingsgebühr noch durch Postwertzeichen zu erbringen war, wurden diese in ein eigenes innerbetriebliches Abrechnungsbuch geklebt und entwertet. Bei der österreichischen Post werden heute noch die Spätlingsgebühren in Postwertzeichen, zusammen mit dem Porto auf die Sendung geklebt. Porto und Spätlingsgebühr können auch zusammengerechnet und in einem Postwertzeichen erbracht werden. In keinem Falle aber ist die Spätlingsgebühr Bestandteil des Portosatzes, also der Transportgebühr. Sie ist eine eigene Gebühr. Sicherlich gibt es bei den Posten aller Länder noch eine Vielzahl von Gebühren, die nichts mit dem Transport einer Sendung zu tun haben, aber durch Postwertzeichen erbracht werden. Die genannten Beispiele stehen nur stellvertretend für alle diese Möglichkeiten. Werden mit Postwertzeichen Gebühren erhoben, die keine Sendegebühren sind, kann man nicht von einer Frankatur sprechen, auch dann nicht, wenn solche Gebühren durch die Post erhoben werden.

3. Postwertzeichen bei postfremden Behörden für nicht postalische Gebühren verwendet
Als letztes muss in diesem Zusammenhang noch auf die Verwendung von Postwertzeichen als Gebührenmarken bei postfremden Behörden hingewiesen werden. Es wird immer wieder vorkommen, dass in Ländern nichtpostalische Dienststellen oder Behörden ihre Gebühren durch Postwertzeichen erheben. Nicht selten sind das Notmassnahmen. So interessant solche Stücke auch für den Sammler sind, Portosätze und Frankaturen sind es nicht. Umgekehrt wurden in manchen Ländern (in der Regel auch als Notmassnahme) Fiskalmarken als Freimarken auf Postsendungen verwendet. Sind solche Marken zur Freimachung der Sendung verwendet worden, dann gehören sie zur Frankatur.

P. Nachbetrachtung
Es gibt also doch mehr über Frankaturen zu sagen, als man sich schlechthin vorstellt. Wahrscheinlich wird man noch Frankaturarten finden oder erfinden, die in dieser Abhandlung nicht erwähnt sind. Es genügt aber zu wissen, wie differenziert der Philatelist das Thema Frankaturen behandelt, auch dann, wenn es im Expose nicht berücksichtigt wurde.


 Quellennachweis: 
Grosses Lexikon der Philatelie v. Hager 
Handbuch der Philatelie v. Arnau 
Diverse Artikel in in- und ausländischen Fachzeitschriften.