Schweizer Post auf Fluglinien im Ausland: Die Ostindien-Linie der KLM

Es waren drei Fluggesellschaften, besser gesagt, drei Nationen, die an einer Luftverbindung mit dem Fernen Osten interessiert waren: die Briten mit den Imperial Airways Ltd, die Holländer mit der KLM und die Franzosen mit der Air France. (Später kamen auch die Deutschen mit der Lufthansa dazu, die aber einen ganz anderen Weg einschlugen). Die Briten hatten die meisten Schwierigkeiten (siehe Nr. 33 & 34 der «Postgeschichte»). Sie hatten zwar den Vorteil, eigene Territorien für Zwischenlandungen benutzen zu können, andererseits wollten zu viele dieser Territorien von der Fluglinie bedient werden, was zu mehr Zwischenlandungen und zu längeren Aufenthalten führte, als flugtechnisch nötig war. Die Holländer hatten dieses Problem nicht; sie hatten nur ein Fernziel im Auge, das auf schnellstem Wege zu erreichen war: Niederländisch Ostindien mit der Hauptstadt Batavia, heute Djakarta, Hauptstadt von Indonesien. Der Mann, dem die Erreichung dieses Zieles zu verdanken ist, war Albert Plesman. Sein Name ist untrennbar verbunden mit der Gründung der KLM (Koninklijke Luchtvaart Maatschappij), die am 7. Oktober 1919 erfolgte und der er dreissig Jahre lang als Direktor vorstand. Seinem unermüdlichen Pioniergeist, aber auch seinem wirtschaftlichen Denken ist es zu verdanken, dass die KLM unter seiner Leitung als eine der zuverlässigsten und erfolgreichsten Luftfahrtgesellschaften hohes Ansehen genoss. Zunächst war jedoch an einen Probeflug, geschweige an einen regelmässigen Flugverkehr nach Ostindien nicht zu denken. Um die Postlaufzeit dennoch etwas zu verkürzen (um einen oder zwei Tage), wurden reguläre Fluglinien nach London (1920), nach Basel mit Bahnanschluss nach Genua (1924) und nach Marseille (1926/27) benutzt, von wo aus die vierwöchige Reise per Schiff weiterging.
1923 konstituierte sich ein «Comite Vliegtocht Nederland-Indie», das einen ersten Probeflug vorbereiten sollte. Die Regierung in Batavia hatte einen Preis von 228000 Gulden gestiftet für denjenigen, der innerhalb eines Monats Java erreichte. Die Vorbereitungen waren umfangreich, mussten doch genügende Mengen an Benzin, Öl und Ersatzteilen an die Zwischenlandeorte gebracht werden. Die Fokker-Werke stellten dem Comite ihr neuestes Flugzeug F-VII zur Verfügung: einen Hochdecker mit einem wassergekühlten RollsRoyce-Motor. Am 1. Oktober 1924 war es soweit, der Start erfolgte in Schiphol, am Steuer der Pilot Van der Hoop. Am dritten Tag, über Bulgarien, musste er wegen einer Motorstörung bei Philippopel notlanden. Kostbare 24 Tage vergingen, bis ein neuer Motor eintraf. Aber dann ging es ohne Zwischenfälle weiter via Istanbul - Angora - Aleppo - Bagdad - Bushire - Bender Abbas - Karachi, am 21. November wurde Medan auf Java und am 24. November Batavia erreicht. 276 Briefe wurden mit diesem Flug befördert, für die ein Zuschlag von 10 Gulden entrichtet werden musste. Post aus anderen europäischen Ländern wurde nicht mitgeführt.

Wiederum auf Initiative des Comites wurde im Oktober 1927 ein Postflug nach Batavia und zurück durchgeführt. Leutnant Koppen steuerte die Fokker Vlla «Postduif» (Posttaube) in 10 Tagen nach Batavia und in 11 Tagen zurück nach Schiphol. Über 2000 Briefe und Karten wurden auf dem Hinflug, über 4000 auf dem Rückflug befördert. Der Zuschlag betrug wieder 10 Gld. für Briefe, 2.50 für Karten. Die europäischen Postverwaltungen waren wiederum nicht zur Beteiligung eingeladen. Ein Jahr später, im September/Oktober 1928, begann die KLM mit einer Reihe von Postflügen nach Batavia. Da die Zuschlagstaxen nur noch 40 cent für Karten und 75 cent für Briefe betrugen, waren die beförderten Postmengen gewaltig (beim ersten Flug über 20'000). Ausserdem wurden noch die europäischen Postverwaltungen eingeladen, sich an den Flügen zu beteiligen. Unsere Schweizer PTT gab demzufolge am 22.8.28 bekannt:

121. Erste Postflüge Niederland - Niederl.-Indien
Laut einer Mitteilung der niederländischen Postverwaltung können die am 13., 20., 27. September, 4. und 11. Oktober nächsthin je um 6 Uhr von Amsterdam Schiphol nach Niederländisch Ostindien startenden Flugzeuge zur Beförderung von gewöhnlichen und eingeschriebenen Briefpostsendungen (ausgenommen Wertbriefe und Wertschachteln) aus der Schweiz nach Britisch Indien, dem Königreich Siam, den Straits Settlements, Niederländisch Indien und darüber hinaus benützt werden. Die Flüge finden nach folgendem Plan statt:

Zwischenlandungen ohne Postauswechslung in Nürnberg, Budapest, Sofia, Konstantinopel, Alep, Bagdad, Bushir und Bender Abbas. Der ausser den gewöhnlichen Taxen zu erhebende Luftpostzuschlag beträgt Fr. 2.75 für je 20 g oder Bruchteil, dazu die Luftpostgebühren des allgemeinen Verkehrs für die Vermittlung mit dem ordentlichen Postflug Zürich - Basel - Brüssel - Rotterdam - Amsterdam (12., 19. und 26. September). Ein einfacher gewöhnlicher Brief bis 20 g kostet somit:

Bei Störungen oder Unterbrechungen der Flüge haben die Absender keinen AnSpruch auf Rückerstattung der Postgebühren. Die Leitung der Briefschaften, die mit diesem aussergewöhnlichen Luftpostdienst Beförderung erhalten sollen, hat wie folgt zu geschehen: für die Flüge vom Monat September = Zürich Flugplatz, Basel Flugplatz für die Flüge vom Monat Oktober = Basel 2. [und Basel 2 Bei Anlass der Eröffnung dieser wichtigen Luftpostlinie gibt die niederländische Postverwaltung für die oben erwähnten postmässigen Erstflüge besondere Luftpostwertzeichen heraus, die bei den holländischen Postämtern käuflich sind.

Abb. 1: 1. Flug 13.9.28 ab Schweiz

Abb. 2: 2. Flug 20.9.28 ab Schweiz

Warum nur fünf Flüge von der Post publiziert wurden, obwohl sechs stattfanden, ist nicht bekannt. Der erste dieser Reihe fand planmässig statt, nur die Landung in Bangkok musste wegen schlechtem Zustand der Piste ausfallen. Der zweite Flug erfolgte in Rekordzeit; Ankunftstempel Batavia 1.10.28; der Pilot Moll erhielt dafür den CliffordHarmon-Preis. Beim dritten Flug wurde das Flugzeug bei der Landung in Gawnpur beschädigt und konnte nicht sofort repariert werden; die Post wurde per Schiff weitergeleitet und traf erst am 20.10.28 am Ziel ein. Auch beim vierten Flug geschah ein Missgeschick beim Abflug von Rangoon, und die Post musste per Schiff weiterbefördert werden; Ankunftstempel 26.10.28. Der fünfte Flug konnte nach einem leichten Schaden bei der Landung in Bagdad, der in sechs Tagen repariert werden konnte, doch noch durchgeführt werden; er erfolgte über Batavia hinaus bis Bandoeng (120 km südöstlich von Batavia, ebenfalls auf Java); Ankunft dort am 29.10.28. Der sechste Postflug fand am 11.12.28 statt und erreichte Bandoeng am 30.12.28; mit diesem Flug wurde keine «Vertragspost» befördert. Im Jahre 1929 erfolgte eine zweite Serie von Postflügen, beginnend am 12.9.1929. Mit den ersten drei Flügen wurde keine europäische Vertragspost mitgeführt, jedoch mit den folgenden fünf Flügen. Die Schweizer PTT gab am 9.10.29 folgendes bekannt:

163. Postflüge Niederland - Niederl.-Indien.
Nach einer Mitteilung der niederländischen Postverwaltung können die am 17., 31. Oktober, 14., 28. November und 12. Dezember nächsthin je um 6 Uhr von Amsterdam Schiphol nach Niederländisch Ostindien startenden Flugzeuge zur Beförderung von gewöhnlichen und eingeschriebenen Briefpostsendungen nach Syrien, Irak, Britisch Indien, dem Königreich Siam, den Straits Settlements, Niederländisch Indien und darüber hinaus benützt werden.

Die Flüge werden nach folgendem Plan ausgeführt:

Die ausser den gewöhnlichen Taxen zu erhebenden Luftpostzuschläge sind wie folgt festgesetzt:

Bei Störungen oder Unterbrechungen der Flüge haben die Absender keinen Anspruch auf Rückerstattung der Postgebühren.

Die zur Beförderung mit diesem aussergewöhnlichen Luftpostdienst bestimmten Briefschaften sind dem Auswechslungsamt Basel 2 zur Aufnahme in seine unmittelbaren Briefkartenschlüsse für Amsterdam zuzuleiten.

Abb. 3: 4. Flug 17.10.29 ab Liechtenstein

Abb. 4: 8. Flug 12.12.29 ab Liechtenstein

1930, am 25. September, wurde endlich ein regelmässiger, zunächst vierzehntägiger Flugdienst eröffnet. Die Route war: Amsterdam - Leipzig - Budapest - Konstantinopel - Aleppo - Bagdad - K Jjjir ,,,< Abb. 4: 8. Flug 12.12.29 ab Liechtenstein Karachi - Allahabad - Calcutta - Akyab - Bangkok - Medan - Palembang - Batavia - Bandoeng; Ankunft am 4.10.30. Bekanntgabe durch die PTT am 13.8.30:

173. Luftpostverbindung Amsterdam - Bandoeng.
Nach einer Mitteilung der niederländischen Postverwaltung kann die neue Luftpostverbindung Amsterdam - Bandoeng vom 25. September nächsthin an zur regelmässigen Beförderung von gewöhnlichen und eingeschriebenen Briefpostsendungen aus der Schweiz nach Syrien, Irak, Britisch Indien, dem Königreich Siam, den Straits Settlements, Niederländisch Indien und darüber hinaus benützt werden.

Die Flüge werden nach folgendem Plan ausgeführt:

Die ausser den gewöhnlichen Taxen zu erhebenden Luftpostzuschläge sind wie folgt festgesetzt:


Die zur Beförderung mit diesem neuen Luftpostdienst bestimmten Flugbriefschaften sind den Auswechslungsstellen Zürich Flugplatz, Basel Flugplatz und Basel 2 zur Aufnahme in die unmittelbaren Briefkartenschlüsse für Amsterdam zuzuleiten.

Abb. 5: Erster rege/massiger Flug 25.9. 30 ab Liechtenstein (Der Sonderstempel ist privat)

Ab 16.10.30 wurde nicht mehr über die Türkei geflogen, sondern über Athen - Cairo. Der Umweg von 660 km war nötig, da die Türkei das Überfliegen ihres Territoriums nicht gestattete. Persien zeigte sich bei den Holländern kulanter als gegenüber den Engländern, obwohl für jeden Flug eine Sondergenehmigung eingeholt werden musste; und später, als auch Passagiere mitbefördert wurden, wurde deren Gepäck in schikanöser Weise durchsucht. In der kalten Jahreszeit wurde der Balkan gemieden und über Marseille - Rom - Brindisi geflogen.
Im Dezember 1930 vermerkt die PTT zwei neue Fluganschlüsse: - von Bangkok nach Saigon in 6 Stunden (Zuschlag: 200 Rp pro 20 g) - von Palembang nach Singapore in 3 Stunden (Zuschlag: 215 Rp pro 20 g) Am 15.4.1931 gibt die PTT bekannt (PTA Nr. 75), dass das am 30. April in Amsterdam startende Flugzeug der Linie Amsterdam - Bandoeng in Batavia Anschluss erhält an einen einmaligen Sonderflug nach Australien. «Dieser kann zur Beförderung von gewöhnlichen und eingeschriebenen Briefpostsendungen aus der Schweiz nach Australien benützt werden. Die Sendungen unterliegen einer Luftpostzuschlagstaxe von Fr. 5.- für je 20 g oder einen Bruchteil; sie erhalten in Niederländisch Indien den Abdruck eines Sonderstempels.»

Der Flugplan wird wie folgt angegeben: Abflug von Batavia am 11. Mai

Dieser Flug von Batavia nach Melbourne ist als «Abel-Tasman-Flug» in die Luftpostgeschichte eingegangen. Abel Tasman war ein niederländischer Seefahrer, lebte von 1603 bis 1659, entdeckte u.a. die Südküste Tasmaniens, die Fidschi- und Tonga-Inseln.

Nach ihm wurde das Flugzeug (Fokker PH-AFC) getauft, die Piloten waren Pattist und Moll. Der Flug, wie auch der Rückflug vom 24. Mai, erfolgte fast genau nach Plan. Ankunftstempel in Brisbane und Sydney am 18.5., in Melbourne am 19.5.31. Das Flugzeug aus Amsterdam (PH-AFS) muss bereits am 9. Mai in Batavia eingetroffen sein, zwei Tage früher als gemäss Flugplan am 11. Mai. Pilot war A. Viruly; wie er das geschafft hat, ist leider nicht überliefert. Die Anzahl der Sendungen aus der Schweiz ist nicht gross, was bei dem hohen Zuschlag verständlich ist. Noch weniger Briefe existieren mit Liechtenstein-Frankaturen. Alle Sendungen erhielten den Sonderstempel in Rhombenform von Batavia-Centrum mit Daten vom 9., 10., 11. oder 12. Mai.

Abb. 6: Abel Tasman-Flug ab Schweiz 

Fortsetzung folgt